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Astronomie

Ist Beteigeuze ein Doppelstern?

Bisher unerklärte Helligkeitsschwankung könnte von einem verborgenen Begleiter stammen

Beteigeuze
Der Rote Überriese Beteigeuze könnte einen kleineren Begleiter haben – er wäre damit in Wirklichkeit ein Doppelstern. © ESO/L. Calçada/ CC-by 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de

Beteigeuze – der Schulterstern des Orion – sorgt erneut für Überraschung. Denn neuen Analysen zufolge könnte dieser vor einer Supernova stehende Rote Überriese einen Begleiter haben. Beteigeuze wäre demnach ein Doppelstern. Indiz dafür sind subtile, sich im Sechsjahrestakt wiederholende Helligkeitsschwankungen. Erklärbar wären sie durch einen Begleitstern von rund 1,7 Sonnenmassen, der den Roten Überriesen eng umkreist, wie die Astronomen berichten. Doch warum wurde der Begleiter nicht schon längst entdeckt?

Der Rote Überriese Beteigeuze liegt nur rund 500 Lichtjahre von uns entfernt und ist selbst mit bloßem Auge kaum zu übersehen. Kein Wunder: Der aufgeblähte Sternengigant ist rund 800-mal größer als die Sonne und hat eine zehntausendmal höhere Leuchtkraft. Unter Beobachtung steht Beteigeuze aber vor allem deshalb, weil seine Supernova bevorstehen könnte. Als mögliches Vorzeichen galt Ende 2019 ein starkes Abdimmen, das sich jedoch später als Folge eines gewaltigen Plasmaausbruchs erwies.

Sechsjahreszyklus
Beteigeuze zeigt eine Helligkeitsschwankung im Takt von 2.170 Tagen (oben), die aber gegen die mittels Radialgeschwindigkeit (RV) gemessenen Schwankungen des Sterns verschoben ist.© Goldberg et al./ arXiv, CC-by 4.0

Das Rätsel der Sechsjahres-Schwankung

Doch Beteigeuze gibt noch ein weiteres Rätsel auf: Neben seinem schon lange bekannten Pulsieren im Takt von 416 Tagen zeigt der Stern eine zusätzliche, längere Helligkeitsschwankung. Diese wiederholt sich in einem Zyklus von 2.170 Tagen – knapp sechs Jahren. „Solche langen sekundären Perioden (LSP) sind eine bisher unerklärte Klasse von stellarer Variabilität“, erklären Jared Goldberg vom Flatiron Institute in New York und seine Kollegen. „Sie sind typischerweise bis zu zehnmal langsamer als das fundamentale Pulsieren des Sterns.“

Aber wodurch entstehen diese langperiodischen Schwankungen? Bisher war dies weder für Beteigeuze noch für andere Überriesen geklärt. Goldberg und sein Team haben daher noch einmal alle Beobachtungsdaten zu Beteigeuze analysiert und mögliche Erklärungen dafür überprüft.

Kein Szenario passt – bis auf eines

Die Analysen ergaben mehrere auffallende Besonderheiten. Zum einen verändert sich der Sechsjahrestakt in der Lichtkurve von Beteigeuze nicht im gleichen Rhythmus wie das subtile Taumeln des Sterns durch seine Pulsationen: Er ist gegen diese rhythmischen spektralen Helligkeitsschwankungen verschoben – quasi außer Takt. Zum anderen fehlen typische Begleitphänomene, die bei Ursachen wie Magnetfeldeffekten, Konvektionsströmungen auf der Sternenoberfläche oder Rotationsfolgen auftreten würden. Auch das Timing passe für diese Erklärungen nicht, so die Astronomen.

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Was aber ist es dann? Nach Ansicht von Goldberg und seinem Team bleibt nur eine Erklärung übrig: „Wir haben alle potenziellen Ursachen für die langen sekundären Periode von Beteigeuze überprüft und in allen gibt es entscheidende Mängel – außer in einem Fall: Wenn Beteigeuze einen Begleiter besitzt“, schreiben die Astronomen.

Beteigeuze und Begleiter
Der kleinere Begleiter dünnt bei seinem Vorbeiziehen vor Beteigeuze dessen Staubhülle aus – und lässt ihn dadurch vorübergehend heller erscheinen. © Goldberg et al./ arXiv, CC-by 4.0

Begleitstern als „Staubschieber“

Die Präsenz eines solchen kleineren Begleitsterns würde die rätselhaften Sechsjahres-Schwankungen am besten erklären: Sie spiegeln die Umläufe des Partnersterns wider. Steht der Partnerstern von uns aus gesehen hinter Beteigeuze, erreicht die lange sekundäre Periode ihren Helligkeits-Tiefstand. Steht der kleine Begleiter dagegen neben dem Überriesen, leuchten beide gemeinsam und die Helligkeit erreicht ein Maximum.

Die Astronomen vermuten, dass noch ein weiterer Effekt dazu kommt: Die Bewegungen des Begleitsterns könnten auch die Verteilung des Staubschwaden beeinflussen, die den Schulterstern des Orion umgeben. „Der Mechanismus des Abdimmens und Hellerwerdens würde dann auch darauf zurückgehen, dass der Begleiter den Staub in unserer Sichtlinie entfernt oder verdichtet – im Takt mit seinem Umlauf“, so Goldberg und sein Team. Beteigeuze wird demnach dann heller, wenn der Begleiter vor ihm vorüberzieht und den Staub ausdünnt.

Beteigeuze
Beteigeuze (Alpha Orionis), ist von uns aus gesehen der linke Schulterstern des Orion. Seine große Helligkeit und Variabilität macht den Nachweis des Begleiters schwer. © NASA/ESA; Andrea Dupree (Harvard-Smithsonian CfA), Ronald Gilliland (STScI)

Warum der Begleiter verborgen blieb

Doch warum wurde dieser Begleitstern des Beteigeuze nicht schon längst entdeckt? Die Antwort darauf liefern die Eigenschaften des Alpha Orionis B getauften Partnersterns: Nach Berechnungen der Astronomen ist der Begleitstern des Beteigeuze nur rund 1,7 Sonnenmassen schwer – er ist damit deutlich kleiner und leichter als der rund 18 Sonnenmassen schwere Überriese. Der Stern umkreist seinen größeren Partner zudem relativ nah, der Abstand beträgt nur 2,43 Beteigeuze-Radien, wie das Team ermittelte. Dadurch überstrahlt der weitaus hellere Überriese den kleinen, nahen Begleiter bei weitem.

Das starke Pulsieren und die Helligkeitsschwankungen von Beteigeuze erschweren es zusätzlich, das Signal des Begleiters in der Lichtkurve eindeutig zu identifizieren: „Die intrinsischen Fluktuationen von Beteigeuze sind mindestens tausendfach heller als Alpha Orionis B“, erklären die Astronomen. „Es wäre nahezu unmöglich, einen Begleiter wie diesen so nah bei einem so leuchtstarken und veränderlichen Stern wie Beteigeuze zu detektieren.“

Auch wenn eine direkte Sichtung mit heutigen Teleskopen kaum machbar scheint, wollen die Astronomen Beobachtungszeit bei einigen der großen Teleskope beantragen. Sie hoffen, dadurch weitere Indizien für den Begleiter von Beteigeuze zu finden. Dies könnte auch klären, um was für einen Sternentyp es sich bei Alpha Orionis B handelt. (Preprint ArXiv, 2024; doi: 10.48550/arXiv.2408.09089)

Quelle: ArXiv

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